1. Einleitung



1. Einleitung

Diese Handreichungen sind entstanden im Rahmen der Arbeitsgruppe Fach- und Finanzcontrolling der Integrierten Berichterstattung Niedersachsen (IBN). Die IBN hat es sich zur Aufgabe gemacht, ein steuerungsunterstützendes System den Jugendämtern in Niedersachsen zur Verfügung zu stellen und einerseits steuerungsrelevante Informationen zu liefern, andererseits über Wissens- und Kommunikationszusammenhänge die fachliche Weiterentwicklung voranzutreiben und den Austausch unter den Jugendämtern voranzutreiben.

Nach den Handreichungen für die Eingliederungshilfe nach §35a SGB VIII und zur Verselbständigung junger Menschen folgen nun die Handreichungen zum Fach- und Finanzcontrolling. Wir freuen uns, hiermit wiederum ein praxisorientiertes, fachlich fundiertes und in der Zusammenarbeit mit mehreren Jugendämtern entstandenes Werk für die Fachöffentlichkeit zur Verfügung zu stellen und sind gespannt auf die Rückmeldungen!

1.1 Projektbeschreibung

An der Arbeitsgruppe Fach- und Finanzcontrolling haben sich insgesamt 12 Kommunen beteiligt, wie üblich ein breites Spektrum aus Städten und Landkreisen:

  • Landkreis Celle
  • Landkreis Cuxhaven
  • Landkreis Friesland
  • Region Hannover
  • Landkreis Heidekreis
  • Stadt Oldenburg
  • Landkreis Osterode am Harz
  • Stadt Osnabrück
  • Landkreis Osterholz
  • Stadt Salzgitter
  • Landkreis Peine
  • Landkreis Verden
  • Landkreis Wesermarsch

Das Projekt begann im Juni 2012 mit einer Laufzeit von 1,5 Jahren und endet damit im Dezember 2013. Es fanden insgesamt sieben Arbeitsgruppensitzungen statt, begleitet wurden diese durch die GEBIT Münster GmbH & Co. KG, die auch die Aufbereitung der Ergebnisse in dieser Handreichung übernahm.

1.2 Anlass

Das Thema Fach- und Finanzcontrolling treibt die Kommunalverwaltungen bereits lange um, insbesondere in kostenintensiven und fachlich komplexen Bereichen wie der Kinder- und Jugendhilfe gab es in den letzten Jahren immer wieder Ansätze, dies voran zu treiben. Die Einführung des Produkthaushaltes und der Kosten-Leistungsrechnung haben gute Voraussetzungen geschaffen. Trotzdem gab es viele Anläufe der Einführung eines fest verankerten Fach- und Finanzcontrollings, die dann im Arbeitsalltag aber wieder in der Versenkung verschwanden oder zumindest den hohen Erwartungen in Bezug auf Steuerungsunterstützung nicht gerecht wurden. Leitungskräfte der Kinder- und Jugendhilfe beklagen ihren mangelnden Handlungsspielraum und das Getriebensein durch immer neue Aufgaben, Gesetzesänderungen und politische Anforderungen, die ihnen den Raum für geplante Steuerung nehmen.

Zudem nehmen wir wahr, dass es in Bezug auf die Aufgaben und Funktionen bei Leitungskräften, im Controlling sowie bei der Jugendhilfeplanung Rollenunklarheiten gibt. Die Rollen und Funktionen sind in vielen Kommunen unterschiedlich definiert, die Aufgaben in unterschiedlichen Bereichen angesiedelt und manchmal auf mehrere Köpfe verteilt, manchmal werden sie aber auch in Personalunion wahrgenommen.

Die Arbeitsgruppe ist davon ausgegangen, dass viele Unsicherheiten in der Praxis und die nicht gelebten oder „verkümmerten“ Versuche, ein Fach- und Finanzcontrolling einzuführen, damit zu tun haben, dass Aufgaben und Funktionen sowie Kommunikationswege nicht ausreichend geklärt sind. Daher legt die Handreichung auch weniger Wert darauf, was wie gerechnet werden muss. Sie werden feststellen, dass die Darstellung quantitativer und qualitativer Methoden und Wege der Ermittlung von Daten hier wenig Raum einnimmt. Es werden auch keine allgemeinen Kennzahlen vorgegeben. Die IBN liefert einen fundierten und sinnvollen Satz aus Zielen und Kennzahlen. Dies kann aber nur ein erster Schritt sein. Für den Aufbau eines Fach- und Finanzcontrollings ist es insbesondere wichtig, dass jede Kommune ihre eigenen Ziele definiert, diese verfolgt und überprüft.

Dem Aufbau eines solchen Systems aus Zieldefinition, -überprüfung und –korrektur sowie den dafür notwendigen Arbeitsschritten haben wir uns in der Arbeitsgruppe gewidmet und legen hiermit die Ergebnisse vor.

1.3 Verwendung der Handreichung

Die Handreichungen versuchen einerseits sehr praxisorientiert die einzelnen Schritte darzustellen, wie sie die Arbeitsgruppe idealtypisch empfiehlt, wenn Sie ein Fach- und Finanzcontrolling im Jugendamt aufbauen wollen. Gleichzeitig versuchen wir natürlich auch Hintergrundinformationen zu vermitteln, ohne dabei den Anspruch auf eine wissenschaftliche Arbeit zu verfolgen.

Weitere Informationen finden Sie im normalen Text.

Um die Handreichungen möglichst praxisorientiert zu halten, haben wir außerdem versucht, an konkreten Beispielen die Vorgehensweise zu erläutern.

In allen Verwaltungen sind unterschiedliche Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten an hierarchische Funktionen geknüpft. In dieser Handreichung werden folgende Begriffe für die unterschiedlichen Leitungsebenen verwendet: Dezernentin/ Dezernent (zuständig für den Produktbereich Jugend – und weitere Produktbereiche); Fachbereichsleitung (Produktgruppe Jugendamt – klassisch: Jugendamtsleitung); Fachdienstleitung (Produkt Soziale Dienste) und Teamleitung (Leistungen, z. B. Hilfen zur Erziehung). Analog sind in der kommunalen Praxis auch andere Begrifflichkeit gebräuchlich bzw. werden auf den Ebenen unterschiedlich gebraucht, teilweise gibt es je nach Größe und Organisationsstruktur eines Amtes manche Ebenen gar nicht. Unsere Beschreibung entlang der oben genannten Bezeichnungen werden Sie für Ihr Jugendamt aufgreifen und anpassen müssen.

1.4 Begriffsklärung

Die vorliegende Handreichung versteht Controlling als „zielbezogene Unterstützung von Führungsaufgaben, die der systemgestützten Informationsbeschaffung und Informationsverarbeitung zur Planerstellung, Koordination und Kontrolle dient“ (Reichmann 2006, S. 13). In Abgrenzung zur Leitungstätigkeit i.e.S. wird Controlling hier als eine entscheidungsunterstützende, also die Entscheidungsqualität verbessernde Tätigkeit begriffen, welche Merkmale der Planung, der Steuerung wie auch der Kontrolle aufweist:

 

1.5 Dimensionen von Controlling

Das Begriffspaar „Fach- und Finanzcontrolling“ wird meist und so auch in dieser Handreichung zur Bezeichnung eines umfassenden Controllingsystems im Jugendamt/Fachbereich Jugend verwendet, verweist aber streng genommen nur auf eine bestimmte Dimension von Controlling: fachlich vs. fiskalisch. Charakterisierungen von Controlling etwa als „operativ“ oder „strategisch“ deuten auf eine weitere Dimension. Insgesamt konnten in der Arbeitsgruppe fünf Dimensionen identifiziert werden, zwischen deren jeweiligen Polen sich das Controlling einer konkreten Organisation verorten lässt:

 

1.6 Und welcher Typ sind Sie?

Diese – ansonsten eher aus Frauenzeitschriften bekannte – Frage haben wir den teilnehmenden Kommunen an der Arbeitsgruppe in Bezug auf ihre IST-Situation und ihre SOLL-Vorstellungen für ein Controllingsystem gestellt. Die Kommunen sollten sich jeweils für den Ist-Stand und das gedachte Soll in den oben genannten Dimensionen positionieren[1] und zwar immer in Verhältnis-Aussagen. Ganz verschiedene Bilder haben sich in dieser Befragung abgezeichnet:

Wenn Sie sich auf den Weg machen, Ihr Fach- und Finanzcontrolling in Ihrer Kommune aufzubauen bzw. zu verändern, dann sollten Sie sich diese Frage ganz zu Beginn ebenfalls stellen. Wo liegen derzeit ihre Schwerpunkte, ihre Fähigkeiten und ihre Stärken und wo möchten Sie ihr Fach- und Finanzcontrolling sehen? Denn dadurch bestimmen Sie die Bereiche, in die Sie besonders viele Ressourcen bei der Entwicklung stecken müssen.



[1] In den 5 Dimensionen von Controlling: wie würden Sie die Ausprägung beschreiben, wenn Sie die Realität (den Idealzustand) ihres Controllings betrachten (hierbei sind die Werte nicht als Ausdruck von Qualität, bzw. von gut oder schlecht zu verstehen!). Bitte geben Sie prozentuale Gewichtungen an (z. B. in Dimension eins 20 : 80, wenn Sie sich ca. zu 20 Prozent mit fachlichem und ca. zu 80 Prozent mit fiskalischen Controlling auseinandersetzen).