2. Organisationskultur
2. Organisationskultur
Fach- und Finanzcontrolling kann innerhalb einer Organisation nur funktionieren – im Sinne von eine Funktion übernehmen – wenn es in die Philosophie und Kultur der Organisation, der Leitung und des Steuerns integriert ist.
2.1 Kultur der lernenden Organisation
Eine zentrale Voraussetzung für ein funktionierendes Controlling ist dabei der Umgang mit Fehlern und Abweichungen. Werden diese zum Anlass genommen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern „ihre Fehler“ vorzuhalten, ggf. unangenehme Gegenmaßnahmen (verstärkte Kontrollen, Verlagerung von Verantwortung auf andere Hierarchieebenen) ergriffen oder – weil z. B. fiskalische Ziele nicht erreicht wurden - mit der Rasenmähermethode alle Hilfen um zwei Fachleistungsstunden gekürzt? Dann wird es relativ schnell dazu führen, dass das Controlling nicht als eine konstruktive Unterstützung erlebt wird, sondern als störendes, möglichst zu umgehendes, vielleicht sogar zu sabotierendes Element.
Eine lernende Organisation stellt sich der Frage nach nicht erreichten Zielen anders – sie begibt sich zusammen mit allen Beteiligten auf den Weg, das „Warum“ gemeinsam herauszufinden. Das beginnt bei der Frage nach der Datenqualität (Haben wir das Ziel wirklich nicht erreicht, oder stimmen die Daten einfach nicht?) und setzt sich fort bei der Frage nach Rahmenbedingungen (Was hat uns behindert, unser Ziel zu erreichen?) bis hin zu der Frage nach der Sinnhaftigkeit des Ziels (Verfolgen wir eigentlich das richtige Ziel?). Diesen Fragen in einer konstruktiven Gesprächsatmosphäre nachzugehen, ohne einzelne Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter oder Teams an den Pranger zu stellen, sollte Teil der Kultur der Zusammenarbeit werden und schafft ein Klima der gemeinsamen Arbeit an Zielen.
Diese Form der Zusammenarbeit ist allerdings in der Gesamtkultur einer Organisation zu verankern und sollte sich dann auf allen Leitungsebenen wiederfinden.
2.2 Leitungsverständnis
Insbesondere den Leitungskräften kommt eine besondere Rolle in der Gestaltung der Kommunikation zu. Wenn das Controlling eine Basis für das eigene Steuerungshandeln werden soll, muss sich jede Leitungskraft klar machen, dass dies nur durch eine erhöhte Transparenz funktionieren kann. Das bedeutet aber auch, dass nicht nur die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter „sichtbarer“ werden, sondern auch das Leitungshandeln, die Ziele und Steuerungsbemühungen – und ggf. auch, wenn Leitungshandeln nicht den erwünschten Effekt hat. Ein Controllingverständnis, das auf allen Ebenen verankert ist, macht auch alle Personen und deren Handlungen transparenter und damit prinzipiell angreifbarer. In einer fehlerfreundlichen Kultur geschieht dies respektvoll und angstfrei.
Führen mit Zielvereinbarungen
Eine Form des Leitungshandelns ist das Führen mit Zielvereinbarungen (oder Englisch: management by objectives – MbO). Hierbei werden in regelmäßigen Zielvereinbarungsgesprächen zwischen den direkten Leitungsebenen Ziele vereinbart und festgelegt. Diese Zielvereinbarungsgespräche sind dann gleichzeitig Personalentwicklungs- und Steuerungsinstrument.
Wichtig ist, dass …
- Zielvereinbarungsgespräche normaler Bestandteil des Organisationsalltags sind und regelmäßig zu festen Terminen stattfinden;
- diese Gespräche in die bestehende Hierarchie eingebunden sind – die Gespräche finden immer zwischen direktem Vorgesetztem und Mitarbeiterin/ Mitarbeiter (Team) statt;
- die Zielerreichung ebenfalls regelmäßig und in den gleichen Gesprächsrunden ausgewertet werden;
- die vereinbarten Ziele in Einklang mit den sonstigen Organisations- und Produktzielen stehen;
- die vereinbarten Ziele konkret (s.m.a.r.t) formuliert sind.
Diese Zielvereinbarungsgespräche können z. B. im Rahmen des Kontraktmanagements stattfinden:
Bottom up - Top down
Der „Normalfall“ in Verwaltungen ist, dass wie im MbO Ziele jeweils zwischen den Hierarchieebenen vereinbart werden und es dabei eine starke Top down-Bewegung gibt. Soll eine solche Zielvereinbarung und spätere Zielüberprüfung aber wirklich erfolgreich sein, ist es unerlässlich, das Wissen der unteren Hierarchieebenen wieder in den Steuerungskreislauf einfließen zu lassen. Warum manche Ziele nicht erreicht wurden oder auch warum die Daten in den EDV-Systemen mangelhaft gepflegt werden, über diese Informationen verfügen oft nur die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf der Sachbearbeitungsebene. Dieses Wissen für das Controlling und damit für die Steuerung nutzbar zu machen, ist eine der wichtigsten Aufgaben der Leitungskräfte.
Es gibt ein paar Grundregeln, die in Bottom up-Prozessen zu beachten sind:
- Wenn Sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach ihrer Meinung fragen bzw. von ihnen erwarten, dass Sie Daten oder Wissen zur Verfügung stellen, muss klar sein, wie damit weiter umgegangen wird.
- Es muss für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter transparent sein, wann sie wie und von wem eine Rückmeldung darüber bekommen, welche Auswirkungen ihre Äußerungen haben.
- Transparenz über Entscheidungen und Veränderungen durch Information der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Hier ist immer zu beachten, dass ein Mittelweg gefunden werden muss, auf der einen Seite Transparenz über relevante Aspekte herzustellen, ohne aber durch eine Informationsflut genau das Gegenteil zu erreichen. Dabei ist auch immer zu beachten, welche Informationen durch welches Medium weitergetragen werden (Intranet, E-Mails, Dienstbesprechungen, Dienstanweisungen).
Folgende Instrumente kann man einsetzen, um Bottom up-Prozesse zu unterstützen.
1.) One Way-Kommunikation:
a) Mitarbeiterbefragungen, in der Regel zu spezifischen Organisationszielen, z. B.:
- Mitarbeiterzufriedenheit
- Angemessene Personalausstattung
- Transparenz
- Fehlerfreundliche Organisationskultur
2.) Mitarbeitergespräche
b) Die Regelkommunikation beinhaltet regelmäßig stattfindende Austauschrunden zu bestimmten Themen, das können Dienstbesprechungen, Teambesprechungen, Controllinggespräche etc. in festem Turnus sein. Dabei ist darauf zu achten, dass allen Beteiligten der Zweck der jeweiligen Besprechungsform klar ist.
c) In der Einzelkommunikation der Mitarbeitergespräche werden individuelle Ziele vereinbart bzw. deren Erreichbarkeit überprüft. Dies ist dann in der Regel vorrangig ein Instrument der Personalentwicklung.
3.) Arbeitsgruppen
d) Qualitätszirkel sind fest in der Linie verankert und dienen der Mitwirkung an der Lösung frei gewählter oder von außen herangetragener Probleme. Diese können z. B. als festes oder auch fluktuierendes Gremium die Qualitätssicherung in der Verwaltung begleiten und eine wichtige Unterstützung für das Fachcontrolling bieten, wenn regelmäßig Fragen dazu aufkommen, warum sich bestimmte Entwicklungen nicht in die erwartete Richtung verändern.
e) Projektgruppen sind für ein konkretes, zeitlich begrenztes Projekt benannt und können sich auch bereichsübergreifend bilden. Eine Projektgruppe kann z. B. die Einführung eines Controllingsystems begleiten.