Die Anzahl der Kinder und Jugendlichen mit (drohenden) seelischen Behinderungen nimmt seit Jahren zu und beschäftigt demzufolge auch die Jugendämter, die im Bereich der Eingliederungshilfe gemäß § 35a SGB VIII über ein Leistungsportfolio verfügen, um die jungen Menschen in ihrem Alltag zu un-terstützen und zu fördern. Im Zeitraum zwischen den Jahren 2009 und 2019 gab es einen Anstieg von Fallzahlen allein in der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche von 156 %.1 In Niedersachsen wurden im Jahr 2019 in diesem Bereich 11.250 Leistungen gewährt.2

Zusätzlich zu den erheblich gestiegenen Fallzahlen steht die Kinder- und Jugendhilfe durch die Auswir-kungen des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) im SGB IX und durch das Inkrafttreten des neuen SGB VIII im Zuge des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG) vor großen Veränderungen. Die Herausfor-derungen im beruflichen Alltag der Fachkräfte bleiben daher hoch und beschäftigen natürlich auch die niedersächsischen Jugendämter in besonderem Maße.

Dem Niedersächsischen Landesjugendamt war es daher wichtig, die im Jahr 2012 entwickelte Hand-reichung zum § 35a SGB VIII auf die neuen Rechtslagen anzupassen. Diese Handreichung ist das Er-gebnis der Arbeit einer Projektgruppe unter Einbeziehung von Fachexpertinnen und Fachexperten aus den niedersächsischen Jugendämtern. Mit Unterstützung von wissenschaftlicher Begleitung wurden im Zeitraum von September 2020 bis Dezember 2021 die Handreichung und die Formularteile ange-passt, um den komplexen Ansprüchen an das Verwaltungsverfahren der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII gerecht zu werden. Dabei war es wichtig, die Rolle des Jugendamtes als Rehabilitations-träger noch mehr ins Bewusstsein zu rücken.

Ziel der Handreichung ist auch dieses Mal, die Weiterentwicklung der Planungsprozesse und die Klar-heit im Verwaltungsverfahren in der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII herauszuarbeiten. Die vorliegende Handreichung kann eine Grundlage bilden, diese auf die unterschiedlichen Organisations- und Arbeitsstrukturen der Jugendämter anzupassen.

Das vorliegende Arbeitsergebnis wird aufgrund der Komplexität des Arbeitsgebietes und den kom-menden Umsetzungsprozessen des KJSG nicht als abgeschlossenes Produkt betrachtet. Vor dem dy-namischen Hintergrund dieses Arbeitsfeldes und dieses Rechtsgebietes sieht die Projektgruppe die Notwendigkeit, die Handreichung in regelmäßigen Abständen einer Überarbeitung zu unterziehen. Ziel der Überarbeitung der Handreichung zum jetzigen Zeitpunkt war es, mehr Klarheit zum aktuellen Zeitpunkt zu schaffen.

Großer Dank gilt den Mitwirkenden der Projektgruppe, die es mit ihrem Engagement ermöglicht ha-ben, das Projekt in vergleichsweise kurzer Zeit und unter den pandemiebedingten Einschränkungen mit der Arbeit in Videokonferenzen dennoch fachlich fundiert umzusetzen und mit viel Praxiswissen zu füllen.