Haltungen sind abhängig von persönlichen und beruflichen Lebenserfahrungen der Mitarbeiter*innen. Um die Haltung nicht im Individuellen, Ungefähren und Beliebigen zu verorten, kann im Sinne von Professionalität eine theoretische Einordnung der eigenen Haltung als Grundlage hilfreich sein. Welches Gewicht man der theoretischen Begründung von Jugendhilfeentscheidungen persönlich oder als Organisation zumisst, hängt davon ab, ob die Akteure Jugendhilfe eher als eine praktische Tätigkeit begreifen oder (auch) als eine theoretisch zu begründende[1]. In den meisten Jugendämtern wird Jugendhilfe eher als eine praktische Tätigkeit begriffen, die im Wesentlichen Lebens- und Berufserfahrung voraussetzt[2].
Es gibt aber auch von Organisationsseite Ansprüche an die Mitarbeiter*innen, eine bestimmte Haltung gegenüber dem Gegenstand der Arbeit einzunehmen (z. B. ein christliches, humanistisches Menschenbild[3], ein bestimmtes Methodensetting oder eine finanzielle Orientierung). Hier stellt sich die Frage, ob die persönliche Haltung nicht doch eher Privatsache ist, weil sie im Arbeitsvertrag nicht implizit vereinbart ist. Schließlich beruht die Haltung in vielerlei Hinsicht auf ganz persönlichen Erfahrungen.
Um die Frage der Haltung zwischen Privatmeinung und Organisationsmeinung einschätzen zu können ist es erforderlich, einen Überblick über die verschiedenen Organisationstheorien zu geben: Was behandeln sie? Von welchem Weltbild gehen sie aus und welche Bedeutung hat dies für bestimmte Haltungen?
[1] vgl. zur gesellschaftstheoretischen Verortung der Jugendhilfe: Schäfer, Georg (2016): Selbstverständnis Sozialer Arbeit. In AFET: Dialog Erziehungshilfe, Ausgabe 2/2016 S. 19 – 24.
[2] Ewiges Lamento von Jugendamtsleitern, die Ausbildung sei zu theoretisch und Sozialarbeiter seien zu wenig auf die Praxis vorbereitet.
[3] Die SOS-Kinderdörfer schaffen es, sich auf beides (christlich und humanistisch) gleichzeitig zu berufen.