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Während eine Standardisierung von Pflegeformen unter fachlichen Gesichtspunkten kaum Widerspruch erfahren dürfte, kann dies für eine einheitliche Festlegung von Kosten für die verschiedenen Pflegeformen nicht unbedingt vorausgesetzt werden – es geht hier schließlich um Geld. Andererseits ist die Vereinheitlichung in dieser Frage ein besonders sensibler Bereich für die Realisierung des Gesamtkonzepts. Denn unterschiedliche Kostenstrukturen bilden für die meisten Probleme bei Übernahmen nach § 86 Abs. 6 SGB VIII den Hintergrund. Sofern in diesem Bereich keine Einigkeit erzielt werden kann, werden sich auch Streitpunkte und damit dysfunktionale Konsequenzen für das Gesamtsystem Vollzeitpflege nicht beheben lassen.

Die vorgeschlagene Kostenstruktur orientiert sich am „unteren Ende“ – bei der Allgemeinen Vollzeitpflege – an den bislang in Niedersachsen üblichen Sätzen für die materiellen Aufwendungen (Pflegegeld), die Kosten der Erziehung und für Sonderbedarfe. Für Sozialpädagogische und Sonderpädagogische Vollzeitpflegen wird einerseits eine Erhöhung des Betrags für die materiellen Aufwendungen um 10 % bzw. 20 % vorgeschlagen, zudem – den üblichen Usancen entsprechend – eine Verdoppelung bzw. Vervierfachung des Betrags für die Kosten der Erziehung. Der vorgeschlagene Mehrbedarf für die materiellen Aufwendungen bei den beiden Differenzierungsformen wird mit den zumeist höheren Bedarfen von Kindern in diesen Pflegeformen begründet (z. B. für mehr von verhaltensauffälligen Kindern verursachten „Verschleiß“ an Kleidung und Mobiliar, zusätzliche Kosten wegen Bettnässens und ggf. erhöhten Aufwand wegen behinderungsspezifischer Bedarfe, vor allem aber für die anfallenden Kosten für die kurzfristige Vertretung von Pflegepersonen sowie für Kosten der Elternarbeit und Hintergrundkosten im Zusammenhang mit Therapien). Erhöhungsbeträge für die Kosten der Erziehung begründen sich mit dem tatsächlich erhöhten Betreuungsbedarf. Für die Sonderpädagogische Vollzeitpflege kommt zudem der den „Sonderpflegepersonen“ abverlangte Verzicht auf Erwerbseinkommen hinzu, ferner die „Konkurrenz“ mit Erziehungsstellen gemäß § 34 SGB VIII. Denn auch wenn Sonderpflegestellen – gedacht für traumatisierte, schwerst geschädigte und behinderte sowie unheilbar kranke Kinder – nicht dringend konzeptionell mit Erziehungsstellen in Konkurrenz stehen, stehen Sonderpädagogische Vollzeitpflegen jedenfalls in Konkurrenz mit Trägern von Erziehungsstellen um das knappe „Gut“ primär beruflich vorgebildeter, zumindest semi-professioneller Pflegepersonen. Ein „Einstieg“ des Pflegekinderwesens in die Betreuung von sonst in Einrichtungen der Heimerziehung und in Einrichtungen für Behinderte zu betreuenden Kindern kann sich dieser Situation nicht verschließen.

Die nachfolgenden tabellarischen Auflistungen für die Kosten der Pflegeformen unterscheiden nach Aufwendungen für auf Dauer angelegte Pflegeformen, für befristete Pflegeverhältnisse und für weitere Pflegeformen. Die vorgetragenen Überlegungen für die auf Dauer angelegten Pflegeformen gelten für die anderen Pflegeformen entsprechend.

 

4.1 Höhe der finanziellen Leistungen für die Pflegefamilien

Grundlage der Berechnung des Entgeltes ist der Runderlass „Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege – Festsetzung der monatlichen Pauschalbeträge (Pflegegeld)“, der jährlich auf der Basis der aktualisierten Empfehlungen für „normale“ Vollzeitpflegen des Deutschen Vereins vom niedersächsischen Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit angepasst wird und für das Land Niedersachsen verbindlich ist. Die Regelungen zur Altersvorsorge und Unfallversicherung basieren ebenfalls auf den Empfehlungen des Deutschen Vereins.

4.1.1 Finanzielle Leistungen im Rahmen der auf Dauer angelegten Pflegeverhältnisse

Hierbei handelt es sich um die Allgemeine Vollzeitpflege, die Sozialpädagogische Vollzeitpflege und die Sonderpädagogische Vollzeitpflege. Erläuterungen zu den Tabellen befinden sich am Ende des Kapitels.

 

a)  Allgemeine Vollzeitpflege

Tabelle 7: Allgemeine Vollzeitpflege[1]

 

 

 

bis zum vollendeten
6. Lebensjahr

vom vollendeten 6.
bis zum vollendeten
12. Lebensjahr

vom vollendeten 12.
bis zum vollendeten
18. Lebensjahr

materielle Aufwendungen

508,–

589,–

676,–

Kosten der Erziehung

237,–

237,–

237,–

Sonderbedarfe

35,–

60,–

80,–

Gesamt

780,–

886,–

993,–

Tagessatz*

25,64

29,13

32,65

*  In die Berechnung des Tagessatzes wurden die materiellen Aufwendungen, der Erziehungsbeitrag und die Sonderbedarfe einbezogen (Monatssatz x 12 Monate / 365 Tage).    Hinzuzurechnen sind Altersvorsorge und Unfallversicherung für die Person, die für die Betreuung des Pflegekindes hauptsächlich zuständig ist.

 

b) Sozialpädagogische Vollzeitpflege

Tabelle 8: Sozialpädagogische Vollzeitpflege

 

 

 

bis zum vollendeten
6. Lebensjahr

vom vollendeten 6.
bis zum vollendeten
12. Lebensjahr

vom vollendeten 12.
bis zum vollendeten
18. Lebensjahr

materielle Aufwendungen

508,–

589,–

676,–

Mehrbedarf (10 %)

50,80

58,90

67,60

Kosten der Erziehung

474,–

474,–

474,–

Sonderbedarfe

35,–

60,–

80,–

Gesamt

1.067,80

1.181,90

1.297,60

Tagessatz*

35,11

38,86

42,66

 

*  In die Berechnung des Tagessatzes wurden die materiellen Aufwendungen, der Mehrbedarf, der Erziehungsbeitrag und die Sonderbedarfe einbezogen (Monatssatz x 12 Monate / 365 Tage).

   Die Kosten der Erziehung werden mit 2 multipliziert. Hinzuzurechnen sind Altersvorsorge und Unfallversicherung für die Person, die für die Betreuung des Pflegekindes hauptsächlich zuständig ist.

 

c)  Sonderpädagogische Vollzeitpflege

Tabelle 9: Sonderpädagogische Vollzeitpflege

 

 

 

bis zum vollendeten
6. Lebensjahr

vom vollendeten 6.
 bis zum vollendeten
12. Lebensjahr

vom vollendeten 12.
bis zum vollendeten
18. Lebensjahr

materielle Aufwendungen

508,–

589,–

676,–

Mehrbedarf (20 %)

101,60

117,18

135,20

Kosten der Erziehung

948,–

948,–

948,–

Sonderbedarfe

35,–

60,–

80,–

Gesamt

1.592,60

1.714,80

1.839,20

Tagessatz*

52,36

56,38

60,47

 

*  In die Berechnung des Tagessatzes wurden die materiellen Aufwendungen, der Mehrbedarf, der Erziehungsbeitrag und die Sonderbedarfe einbezogen (Monatssatz x 12 Monate / 365 Tage).

    Die Kosten der Erziehung werden mit 4 multipliziert. Hinzuzurechnen sind Altersvorsorge und Unfallversicherung für die Person, die für die Betreuung des Pflegekindes hauptsächlich zuständig ist.

 

                                                                                                              Tabelle 9a: Sonderpädagogische Vollzeitpflege (+)

 

 

bis zum vollendeten
6. Lebensjahr

vom vollendeten 6.
 bis zum vollendeten
12. Lebensjahr

vom vollendeten 12.
bis zum vollendeten
18. Lebensjahr

materielle Aufwendungen

508,–

589,–

676,–

Mehrbedarf (20 %)

101,60

117,18

135,20

Kosten der Erziehung

1185,–

1185,–

1185,–

Sonderbedarfe

35,–

60,–

80,–

Gesamt

1.829,60

1.951,80

2.076,20

Tagessatz*

60,15

64,17

68,26

 

*  In die Berechnung des Tagessatzes wurden die materiellen Aufwendungen, der Mehrbedarf, der Erziehungsbeitrag und die Sonderbedarfe einbezogen (Monatssatz x 12 Monate / 365 Tage).

    Die Kosten der Erziehung werden mit 5 multipliziert. Hinzuzurechnen sind Altersvorsorge und Unfallversicherung für die Person, die für die Betreuung des Pflegekindes hauptsächlich zuständig ist.

 

4.1.2 Finanzielle Leistungen für befristete Pflegeverhältnisse

Hierbei handelt es sich um die Kurzzeitpflege und die Bereitschaftspflege. Erläuterungen zu den Tabellen befinden sich am Ende des Kapitels.

a)  Kurzzeitpflege

Die Kosten der Kurzzeitpflege werden auf der Grundlage des Pflegegeldes für die „Sozialpädagogische Vollzeitpflege“ berechnet.

 

Tabelle 10: Kurzzeitpflege

 

 

 

bis zum vollendeten
6. Lebensjahr

vom vollendeten 6.
bis zum vollendeten
12. Lebensjahr

vom vollendeten 12.
bis zum vollendeten
18. Lebensjahr

materielle Aufwendungen

508,–

589,–

676,–

Mehrbedarf (10 %)

50,80

58,90

67,60

Kosten der Erziehung

474,–

474,–

474,–

Sonderbedarfe

nur über Einzelantrag

nur über Einzelantrag

nur über Einzelantrag

Gesamt

1.032,80

1.121,90

1.217,60

Tagessatz*

33,96

36,88

40,03

 

*  In die Berechnung des Tagessatzes wurden die materiellen Aufwendungen, der Mehrbedarf und der Erziehungsbeitrag einbezogen (Monatssatz x 12 Monate / 365 Tage).

   Die Kosten der Erziehung werden mit 2 multipliziert. Hinzuzurechnen sind Altersvorsorge und Unfallversicherung für die Person, die für die Betreuung des Pflegekindes hauptsächlich zuständig ist.

 

b) Bereitschaftspflege

Tabelle 11: Bereitschaftspflege

 

 

 

ohne Differenzierung nach Alter

materielle Aufwendungen

676,–

Mehrbedarf (20 %)

135,20

Kosten der Erziehung

948,–

Sonderbedarfe

80,–

Gesamt

1.839,20

Tagessatz*

60,47

*  In die Berechnung des Tagessatzes wurden die materiellen Aufwendungen, der Mehrbedarf, der Erziehungsbeitrag und die Sonderbedarfe einbezogen (Monatssatz x 12 Monate / 365 Tage).   
Die Kosten der Erziehung werden mit 4 multipliziert. Hinzuzurechnen sind Altersvorsorge und Unfallversicherung für die Person, die für die Betreuung des Pflegekindes hauptsächlich zuständig ist.
Die Berechnung der Kosten erfolgt ab dem Zeitpunkt der Belegung nach den Sätzen der Sonderpädagogischen Pflege in der höchsten Altersstufe. In den Zeiten ohne Belegung wird ein Bereithaltegeld von monatlich 150,– € gezahlt. Da in dieser Zeit für das Jugendamt Wohnraum bereitgehalten wird, entspricht dieser Betrag etwa der Miete eines Zimmers. Es wird davon ausgegangen, dass die Hilfeplanung zügig erfolgt und das Pflegekind entsprechend schnell eine dauerhafte Perspektive erhält. Eine Umwandlung in eine andere Hilfeart ohne Wechsel der Pflegestelle in Abhängigkeit der Dauer der Bereitschaftspflege ist in dieser Empfehlung nicht vorgesehen.

4.1.3 Finanzielle Leistungen im Rahmen anderer Pflegeformen

Hierbei handelt es sich in erster Linie um die Verwandtenpflege. Erläuterungen zu den Tabellen befinden sich am Ende des Kapitels.

Verwandtenpflege

Tabelle 12: Verwandtenpflege

 

 

 

bis zum vollendeten 6. Lebensjahr

vom vollendeten 6.
bis zum vollendeten
12. Lebensjahr

vom vollendeten 12.
bis zum vollendeten
18. Lebensjahr

materielle Aufwendungen

508,–

589,–

676,–

Kosten der Erziehung

237,–

237,–

237,–

Sonderbedarfe

35,–

60,–

80,–

Gesamt

780,–

886,–

993,–

Tagessatz*

25,64

29,13

32,65

 

*  In die Berechnung des Tagessatzes wurden die materiellen Aufwendungen, der Erziehungsbeitrag und die Sonderbedarfe einbezogen (Monatssatz x 12 Monate / 365 Tage).

    Hinzuzurechnen sind Altersvorsorge und Unfallversicherung für die Person, die für die Betreuung des Pflegekindes hauptsächlich zuständig ist.

 

Die finanzielle Ausgestaltung der Verwandtenpflege wird analog zur Allgemeinen Vollzeitpflege gehandhabt. Der Vorschlag entspricht dem „Mainstream“ der Antworten, wie er in der Untersuchung zum niedersächsischen Pflegekinderwesen zum Ausdruck gekommen ist. Von einer finanziellen Differenzierung zwischen Verwandtenpflege und Fremdpflege wird abgesehen, diese erscheint nicht gerechtfertigt. Dazu heißt es in der Arbeitshilfe zur Vollzeitpflege des Bayerischen Landesjugendamtes: „Eine Aussetzung oder Minderung des Pflegegeldes aufgrund verwandtschaftlicher Beziehung zwischen Pflegekind und Pflegefamilie ist trotz teilweise anderer Handhabung in der Praxis nach Auffassung des Landesjugendamtes nicht zulässig. Unbeschadet der Möglichkeit, dass Großeltern zum Beispiel ihre Unterhaltspflicht auch nichtmonetär durch die Erbringung von Pflegeleistungen abgelten können, können sie zur Pflege ihres Enkels nicht gezwungen werden.“ (Bayerisches Landesjugendamt 1999, S. 9 - 10). Das SGB VIII lässt allerdings auch die Kürzung des Pflegegeldes zu. Ausdrücklich wird darauf im § 39 Abs. 4 hingewiesen: „Ist die Pflegeperson in gerader Linie mit dem Kind oder Jugendlichen verwandt und kann sie diesem unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Verpflichtungen und ohne Gefährdung ihres angemessenen Unterhalts Unterhalt gewähren, so kann der Teil des monatlichen Pauschalbetrags, der die Kosten für den Sachaufwand des Kindes oder Jugendlichen betrifft, angemessen gekürzt werden“ (eigene Hervorhebung).

Vollzeitpflege für unbegleitete ausländische Kinder und Jugendliche (Gastfamilien)

Die Leistungen entsprechen den Definitionen für die Sozialpädagogische Vollzeitpflege, da davon ausgegangen wird, dass hier durch die besonderen Problematiken und die relativ schnellen Übergänge eine intensive Betreuung und Begleitung notwendig ist.

Tabelle 13:       Vollzeitpflege für unbegleitete ausländische Kinder und Jugendliche

 

 

bis zum vollendeten
6. Lebensjahr

vom vollendeten 6.
bis zum vollendeten
12. Lebensjahr

vom vollendeten 12.
bis zum vollendeten
18. Lebensjahr

materielle Aufwendungen

508,–

589,–

676,–

Mehrbedarf (10 %)

50,80

58,90

67,60

Kosten der Erziehung

474,–

474,–

474,–

Sonderbedarfe

35,–

60,–

80,–

Gesamt

1.067,80

1.181,90

1.297,60

Tagessatz*

35,11

38,86

42,66

 

*  In die Berechnung des Tagessatzes wurden die materiellen Aufwendungen, der Erziehungsbeitrag und die Sonderbedarfe einbezogen (Monatssatz x 12 Monate / 365 Tage).

    Die Kosten der Erziehung werden mit 2 multipliziert. Hinzuzurechnen sind Altersvorsorge und Unfallversicherung für die Person, die für die Betreuung des Pflegekindes hauptsächlich zuständig ist.

 

Patenschaften für Kinder von Eltern mit psychischen Erkrankungen

Für die Aufrechterhaltung des Kontaktes und für Unternehmungen sollten die Patenfamilien einen monatlichen Sockelbetrag erhalten.

Für eine mögliche Tagespflege wird dieser Sockelbetrag um ein Tagespflegegeld (wie es in der Tagespflege im jeweiligen Jugendamtsbezirk üblich ist) ergänzt.

Für eine Betreuung des Kindes über Tag und Nacht, in Zeiten, in denen die Angehörigen die tägliche Versorgung nicht selbst sicherstellen können, werden die Patenfamilien entsprechend der Allgemeinen Vollzeitpflege vergütet.


4.1.4 Erläuterungen zu den Tabellen und weitere Kosten

 

 

Materielle Aufwendungen:

Der materielle Aufwand umfasst Ausgaben für Nahrung, Kleidung, Körperpflege, Unterhaltung, anteilige Strom-, Miet- und Heizungskosten, Taschengeld für das Kind usw. Für die Sozialpädagogische Pflege und die Sonderpädagogische Pflege wird hier mit einem erhöhten Bedarf gerechnet, da die besondere Problematik dieser Kinder in der Regel einen größeren materiellen Aufwand erfordert. Dieser Mehrbedarf wird über eine Pauschale abgegolten.

Mehrbedarf bei materiellen Aufwendungen:

Für die Sozialpädagogische Pflege beträgt der Mehrbedarf 10 % der materiellen Aufwendungen, bei der Sonderpädagogischen Pflege 20 %.

w Durch den Erhöhungsbetrag sind folgende Bedarfe erfasst:

w Elternarbeit einschließlich Kontaktfahrten, Telefonate, Schriftverkehr u. ä.

w Kosten für Vertretung oder Unterstützung der Pflegeperson (z. B. eine Haushaltshilfe)

w Hintergrundkosten für Therapien der Kinder (Fahrten, Kontakte zu den Therapeuten usw.)

Kosten der Erziehung:

Sozialpädagogische Pflege:

Bei der Berechnung der Höhe des Entgeltes muss den besonderen Qualifikationserfordernissen auf der Seite der Pflegepersonen Rechnung getragen werden (Semi-Professionalität). Der Grundbetrag des Erziehungsbeitrags für „normale“ Vollzeitpflege wird verdoppelt (x 2). Dies entspricht etwa 20 % des Brutto-Eingangsgehaltes für Erzieherinnen/Erzieher nach TVöD
SuE 8b.[1]

Sonderpädagogische Pflege:

Bei der Berechnung der Höhe des Entgeltes muss den besonderen Qualifikationserfordernissen auf der Seite der Pflegepersonen Rechnung getragen werden. Der Grundbetrag des Erziehungsbeitrags für „normale“ Vollzeitpflege wird vervierfacht (x 4). Dies entspricht etwa 40 % des Brutto-Ein­gangsgehaltes für Erzieherinnen/Erzieher nach TVöD SuE 8b.

Sonderpädagogische Pflege (+):

Bei der Berechnung der Höhe des Entgeltes muss den professionellen Qualifikationserfordernissen auf der Seite der Pflegepersonen Rechnung getragen werden (Berufsausbildung im pädagogischen Bereich). Der Grundbetrag des Erziehungsbeitrags für „normale“ Vollzeitpflege wird verfünffacht (x 5). Dies entspricht etwa 50 % des Brutto-Eingangsgehaltes für Erzieherinnen/ Erzieher nach TVöD SuE 8b.

Sonderbedarfe:

Alle in der Bedarfsliste enthaltenen Positionen werden aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung mit dem monatlichen Pauschalbetrag abgegolten, der einem empirischen Mittelwert tatsächlicher jährlicher Aufwendungen entspricht. Um der besonderen Problematik älterer Kinder gerecht zu werden, wird eine Altersstaffelung für die Höhe der Sonderbedarfe vorgeschlagen.[2]

Altersstaffelung:

w bis zum vollendeten 6. Lebensjahr:                                   35,– €

w vom vollendeten 6. bis zum vollendeten 12. Lebensjahr:    60,– €

w vom vollendeten 12. bis zum vollendeten 18. Lebensjahr:  80,– €

Liste der mit dem Pauschalbetrag abgegoltenen Bedarfe:

w Ferienfahrten und Ferienmaßnahmen

w Taufen, Konfirmation, Kommunion, Jugendweihe, Konfirmandenfreizeit

w Schulbücher, Schulmaterialien, Klassenfahrten

w Fahrrad

w Feiern und Geschenke zur Einschulung, zum Geburtstag, zu Weihnachten

w Zuschuss zum Führerschein

w Kosten für den Eintritt in das Berufsleben

w Eigenanteil für zerbrochene Brillengläser u. a. (soweit nicht Krankenhilfe nach § 40 SGB VIII zu leisten ist)

w Kosten für elektronische Medien (Anschaffung und laufende Kosten)

w Aufwendungen für die Förderung des jungen Menschen und für die Freizeitgestaltung (z. B. Musikunterricht, Reitunterricht, Vereinsbeiträge u. ä.)

Einzelanträge:

Für notwendige, nicht in der Liste der Sonderbedarfe aufgeführte Bedarfe müssen Einzelanträge gestellt werden.

Unterbringung in anderem Bereich:

Die Anwendung der rechtlichen Regelung im § 39 Abs. 4 sollte vor dem Hintergrund der Umsetzung dieser Empfehlungen nur noch Relevanz für Pflegeverhältnisse haben, die die Landesgrenzen überschreiten: „Wird ein Kind oder ein Jugendlicher im Bereich eines anderen Jugendamtes untergebracht, so soll sich die Höhe des zu gewährenden Pauschalbetrages nach den Verhältnissen richten, die am Ort der Pflegestelle gelten.“

Altersvorsorge:

Nach § 39 Abs. 4 SGB VIII sind Beiträge zur Altersvorsorge zu leisten. Gezahlt werden 50 % des niedrigsten Beitragssatzes, wenn eine Altersvorsorge nachgewiesen wird (unterschiedliche Formen der Altersvorsorge sind dabei zu berücksichtigen, wenn sie zu einer monatlichen Rentenzahlung führen und nicht kapitalisierbar sind). Die Leistungen werden für die Person übernommen, die das Kind überwiegend betreut. Sind mehrere Pflegekinder bei derselben Pflegefamilie oder Person untergebracht, steht ihnen auch für jedes der Erstattungsanspruch zu (kindbezogene Pauschale). Bei Belegung der Pflegefamilie mit mehreren Pflegekindern durch unterschiedliche Jugendämter hat jeder Träger den Erstattungsanspruch für „sein“ Kind zu erfüllen. Zur Höhe der Sicherung wird empfohlen, sich am halben Beitrag der gesetzlichen Rentenversicherung zu orientieren und diesen als Mindestbeitrag zu sehen. Er beträgt zurzeit 42,53 € monatlich.[3]

Unfallversicherung:

Zwar fallen die Pflegeeltern nicht unter die gesetzliche Unfallversicherungspflicht, gleichwohl sollen ihnen aber nach § 39 Abs. 4 SGB VIII Beiträge zur Unfallversicherung erstattet werden. Die Kosten dieser Erstattung werden in angemessener Höhe übernommen, wenn entsprechende Beiträge nachgewiesen werden. Es wird empfohlen, sich dabei an der Höhe des Beitrages zur gesetzlichen Unfallversicherung zu orientieren (in Höhe der jeweils gültigen Sätze der BGW). Der Erstattungsanspruch sollte sich bei Paaren auf beide im Haushalt lebende Pflegepersonen beziehen, wenn sie entsprechende Pflege- und Erziehungsleistungen erbringen.

Es sollte auch unter Kostengesichtspunkten geprüft werden, ob eine Gruppenversicherung für mehrere – oder alle – Pflegefamilien eines Jugendamtsbezirkes abgeschlossen werden kann. Hier ist es unter Umständen auch möglich, die Pflegekinder mitzuversichern.

Bei der Belegung der Pflegefamilie mit mehreren Pflegekindern, für die unterschiedliche Jugendämter zuständig sind, sorgt das Jugendamt, das zuerst belegt, für den entsprechenden Unfallversicherungsschutz. Das mit einem weiteren Kind belegende Jugendamt soll lediglich für die Kosten aufkommen, die durch die zusätzliche Belegung entstehen.

Die Tätigkeit von Bereitschaftspflegefamilien nach § 42 SGB VIII wird als selbstständige Tätigkeit angesehen, es besteht nach § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII eine gesetzliche Unfallversicherungspflicht bei der BGW (Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege).

Bei Belegungen von Bereitschaftspflegestellen nach § 33 SGB VIII trifft dies nicht zu.

Haftpflichtver­sicherung:

Pflegekinder werden bei der Haftpflichtversicherung analog zu leiblichen Kindern bei der Familienhaftpflichtversicherung mit versichert. Eigenschäden, d. h. Schäden, die ein Pflegekind im Haushalt der Pflegeeltern verursachen, sind hiervon jedoch nicht abgedeckt. Auch gegenüber dem Jugendamt besteht kein Anspruch auf Schadensregulierung. Die Schließung dieser Lücke kann über Sammelhaftpflichtversicherungen (abgeschlossen durch Jugendämter), Gruppentarife (abgeschlossen durch Pflegeelternvereine oder -verbände) oder durch die Pflegeeltern selbst (durch Erhöhung der Prämie) erfolgen.

Kindergeld:

Es erfolgt eine Anrechnung gemäß § 39 Abs. 6 SGB VIII: „Wird das Kind oder der Jugendliche im Rahmen des Familienleistungsausgleichs nach § 31 des Einkommensteuergesetzes bei der Pflegeperson berücksichtigt, so ist ein Betrag in Höhe der Hälfte des Betrages, der nach § 66 des Einkommensteuergesetzes für ein erstes Kind zu zahlen ist, auf die laufenden Leistungen anzurechnen. Ist das Kind oder der Jugendliche nicht das älteste Kind in der Pflegefamilie, so ermäßigt sich der Anrechnungsbetrag für dieses Kind oder diesen Jugendlichen auf ein Viertel des Betrages, der für ein erstes Kind zu zahlen ist.

Für Pflegekinder besteht ein Anspruch auf Kindergeld, das grundsätzlich den Eltern zusteht. Der Kindergeldanspruch kann auf die Pflegeeltern übergehen, wenn die Betreuung nicht zu Erwerbszwecken geschieht, das Kind auf längere Dauer in den Haushalt der Pflegeeltern aufgenommen wurde und kein Obhuts- und Pflegeverhältnis mehr zu den leiblichen Eltern besteht.

Das Jugendamt kann einen Teil des Kindergeldes auf das Pflegegeld anrechnen. Diese Möglichkeit der Anrechnung geht darauf zurück, dass sowohl ein Teil des Kinder- als auch ein Teil des Pflegegeldes dazu dienen, den materiellen Aufwand des Kindes zu decken. Bei ungekürztem Kindergeld würde somit der materielle Aufwand des Kindes doppelt finanziert werden, deshalb kann hier eine Kürzung erfolgen. Diese beträgt in der Regel 25 bis 50 % des Kindergeldsatzes.

Weiteres Einkommen:

Auf das Pflegegeld wird sämtliches Einkommen des Pflegekindes wie z. B. Unterhaltszahlungen, Waisenrente, BAföG usw. voll angerechnet und auf das Jugendamt übergeleitet. Sollte das Pflegekind in einer betrieblichen Ausbildung sein, ist ein Teil der Nettovergütung als Kostenbeitrag zu leisten. Hier erfolgt eine gesonderte Festsetzung.

Steuerrechtliche Einordnung des Pflegegeldes:[4]

Das Pflegegeld ist eine steuerfreie Beihilfe im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG, das die Erziehung fördern soll – eine Erwerbstätigkeit liegt damit nicht vor. Werden jedoch mehr als sechs Kinder gleichzeitig im Haushalt aufgenommen, wird eine Erwerbstätigkeit vermutet. Entsprechend gilt: Bei einer Betreuung von bis zu sechs Kindern ist ohne weitere Prüfung davon auszugehen, dass die Pflege nicht erwerbsmäßig betrieben wird.

Die Bestandteile der Vergütungen an Bereitschaftspflegepersonen, die unabhängig von der tatsächlichen Aufnahme von Kindern geleistet werden, fördern nicht unmittelbar die Erziehung. Für den Fall, dass so genannte Platzhalterkosten und Bereitschaftsgelder gezahlt werden, sind diese – mit Ausnahme der Erstattungen zur Unfallversicherung und Altersvorsorge – insoweit steuerpflichtig.

Elterngeld:

Pflegeeltern nach § 33 SGB VIII steht kein Elterngeld zu, da ein Pflegegeld gezahlt wird.

Leistungen Dritter:

Leistungen Dritter wie z. B. der Kranken- oder Pflegekassen für therapeutische Hilfen für das Kind u. ä. können ohne Anrechnung auf die Pflegegeldzahlungen in Anspruch genommen werden.

Weitere Leistungen:

Aufgrund von besonderen Beeinträchtigungen der Kinder bzw. besonderen Schwierigkeiten in der Pflege haben die Pflegeeltern aller Pflegeformen Anspruch auf Fachberatung und Supervision in angemessener Höhe.

Für alle Pflegearten gilt: Für Fortbildung der Pflegeeltern muss ein eigener Etat zur Verfügung stehen und es können weitere Kosten über Einzelanträge entstehen (z. B. Hausaufgabenhilfe bzw. Nachhilfe, Fahrtkosten für den öffentlichen Nahverkehr usw.).



[1]    Nach der Tabelle 01.07.2016 bis 21.01.2017

[2]    Die Sonderbedarfe wurden 2007 mit 30 €, 50 € und 70 € ausgewiesen und 2016 anhand der Preissteigerungsrate der letzten acht Jahre angeglichen. Die Bedarfe werden zu gegebener Zeit den Preisentwicklungen erneut angepasst.

[3]    Die Regelungen zur Altersvorsorge und Unfallversicherung lehnen sich an die Empfehlungen des Deutschen Vereins an (NDV Nachrichten 2007. S. 439 - 443).

[4]    BMF v. 21.04.2011 – IV C3 – S 2342/07/001: 26, BStBl 2011 I S. 487.



4.2 Finanzieller Ausgleich bei Übernahmen nach § 86 Abs. 6 SGB VIII

Falls eine Kooperationsvereinbarung dies vorsieht (vgl. Kap. 2.2.1), haben bei Übernahmen nach § 86 Abs. 6 SGB VIII die übernehmenden Jugendämter die Kosten für die Betreuung und Fachberatung der Pflegeeltern und Pflegekinder zu tragen. Hier soll ein finanzieller Ausgleich für diese Arbeiten zwischen den Ämtern geschaffen werden. Ausgehend von einer Fallbelastung von 1:50 bei einer Sozialpädagogischen Vollzeitpflege und 1:25 bei einer Sonderpädagogischen Vollzeitpflege, sind anteilig die Ausgleichskosten für den Einzelfall auf der Basis einer Vollzeitstelle nach TVöD 12/14, verheiratet, mit einem Kind zu berechnen.[1] Die Fallbelastung wird hier relativ hoch angesetzt, da die Vorbereitung und Auswahl der Pflegeeltern nicht mehr geleistet werden muss.

Vom aufnehmenden Jugendamt ist sicherzustellen, dass die Ausgleichszahlungen der Qualität der Betreuung zugutekommen. Bei einer entsprechend hohen Anzahl von „fremden“ Pflegekindern sollte mit den Zahlungen eine eigene Stelle zur Betreuung finanziert werden können. Darüber hinaus können die Zahlungen zur Erhöhung von Stundenkontingenten benutzt werden.[2]

Es findet keine Verknüpfung der Ausgleichszahlungen mit der Kostenerstattungsregel nach § 89a SGB VIII statt. Die Kostenerstattung sollte als eigenständiger Bereich geregelt werden.



[1]    Dieser Berechnungsmodus trifft auch auf Amtshilfen nach § 37 Abs. 2 zu (vgl. Kap. 2.2.1).

[2]    Ein Berechnungsbeispiel auf Basis der Empfehlungen befindet sich im Anhang zu diesem Kapitel.


4.3 Heranziehung zu den Kosten

Die Heranziehung zu den Kosten wird insgesamt durch eine gemeinsame Empfehlung der Arbeitsgemeinschaft der Jugendämter der Länder Niedersachsen/Bremen und Schleswig-Holstein sowie der Landesjugendämter Berlin, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Thüringen und Westfalen-Lippe vom Oktober 2005 geregelt.

In diesem Kapitel wurde lediglich der Abschnitt „Kostenbeitrag des jungen Menschen aus Einkommen“ übernommen.

a)  Kostenbeitrag des jungen Menschen aus Einkommen (§ 94 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII)

Die jungen Menschen haben ihr Einkommen nach Abzug der in § 93 SGB VIII vorgesehenen Beträge in voller Höhe als Kostenbeitrag einzusetzen. Das heißt, vom Nettoeinkommen werden gem. § 93 Abs. 3 SGB VIII in der Regel 25 % als Freibetrag in Abzug gebracht. Höhere Belastungen sind eher unwahrscheinlich. Der Kostenbeitrag ist in Höhe des verbleibenden Betrages festzusetzen. Dies bedeutet, dass der junge Mensch in der Regel 75 % seines Nettoeinkommens als Kostenbeitrag zahlt und ihm 25 % verbleiben. Auch wenn § 92 Absatz 4 SGB VIII eine Mitteilung über die Kostenbeitragspflicht nur bei Eltern, Ehegatten und Lebenspartnern verlangt, sollten die jungen Menschen in geeigneter Weise über ihre Verpflichtung zum Kostenbeitrag informiert werden. Eine Härtefallprüfung nach § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII ist regelmäßig durchzuführen. Sie soll u. a. sicherstellen, dass die Motivation für eine Ausbildung erhalten bleibt.

b) Hinweis

Die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen Ausgaben, z. B. Fahrtkosten zur Ausbildungsstelle/Berufsschule oder ähnliches, stellen – wie auch der Barbetrag oder die Bekleidungsergänzungspauschale – Kosten der Jugendhilfemaßnahme dar und sind vom Jugendhilfeträger zu übernehmen. Der junge Mensch trägt dann zu den entstandenen Kosten bei.


4.4 Fallzahlen und Mitarbeiterkapazitäten

a)  Vorbemerkung

Fallzahlen spielen im Pflegekinderwesen eine große Rolle. Sie bestimmen die Arbeitsintensität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sie sind ein Gradmesser für den zeitlichen Aufwand, der für jeden Fall zur Verfügung steht, sie sind dadurch auch ein Indikator für die Qualität der Arbeit, und nicht zuletzt sind sie auch ein Kostenfaktor, da sich über sie die Zahl der benötigten Mitarbeiter ergibt.

Obwohl es Gründe genug gibt, diesem Thema viel Zeit und Geduld zu widmen, existieren in der Regel in den Jugendämtern keine rationalen Verfahren zur Berechnung der Mitarbeiterkapazitäten auf der Basis von Fallzahlen. Es werden nach Traditionen, gewachsenen Strukturen oder einfach nach den situativen Bedingungen bzw. dem vorhandenen Personal Fälle zugeteilt. Im Interesse einer möglichst weitgehenden Vereinheitlichung der Bedingungen für das niedersächsische Pflegekinderwesen wird nachfolgend eine Empfehlung über Fallzahlen ausgesprochen, zugleich aber ein allgemeines Modell zu deren Berechnung (das auch beim Abweichen von der Empfehlung Anwendung finden kann) vorgestellt.

Die Fallzahlempfehlung und der Berechnungsmodus stützen sich auf empirische Erhebungen, auf frühere Empfehlungen (z. B. des Deutschen Jugendinstituts und des Deutschen Städtetages sowie gleichlautend des Deutschen Landkreistages) und auf die Fachdiskussion. Berücksichtigung findet zudem die mit den einzelnen Pflegeformen verbundene Arbeitsbelastung der Fachkräfte und ferner die von Jugendamt zu Jugendamt unterschiedliche Aufgabenbeschreibung für den Pflegekinderdienst.

b) Fallzahlen

Auf der Basis empirischer Befunde der „Strukturerhebung der Vollzeitpflege in Niedersachsen“ und des DJI-Projektes „Pflegekinderhilfe in Deutschland“[1] konnte – bei einer großen Streubreite zwischen unter 25 und bis zu 140 Fällen je Fachkraft – eine durchschnittliche Fallzahl von 40 bis 60 pro Mitarbeiter/-in ermittelt werden. Ungefähr in diesem Korridor bewegen sich auch die aus einzelnen Bundesländern bekannt gewordenen Fallzahlen (z. B. Sachsen: 40, Bremen: 50, Hamburg, je nach Aufgabenzuschnitt: 35 bis 65) und die Empfehlungen in der Literatur (Deutsches Jugendinstitut: 35, Deutscher Städte- sowie Landkreistag: „50 als Höchstgrenze“). All diese Zahlen gelten in der Regel undifferenziert nach Pflegeformen, meinen dabei aber zumeist die Allgemeine Vollzeitpflege, und zwar schon deshalb, weil speziellere Pflegeformen sich bislang noch nicht flächendeckend verbreitet haben bzw. zum Zeitpunkt der Empfehlungen hatten.

Für Niedersachsen wird der Mittelwert dieses Korridors als Fallzahl für die Allgemeine Vollzeitpflege vorgeschlagen. Eine Fachkraft im Pflegekinderwesen sollte in dieser Pflegeform nicht mehr als 50 Fälle bearbeiten – wobei davon ausgegangen wird, dass die vorherrschende Pflegeart in der Pflegekinderhilfe die Sozialpädagogische Vollzeitpflege ist und über die Allgemeine Vollzeitpflege nur noch wenige Kinder/Jugendliche betreut werden.

Da der Betreuungsaufwand in der Sozialpädagogischen und der Sonderpädagogischen Vollzeitpflege aufgrund der Schwierigkeiten der Kinder und Jugendlichen ungleich höher ist als in der Allgemeinen Vollzeitpflege (vgl. Kap. 1.2), müssen für diese Pflegearten auch andere Fallzahlen gelten. Über umfangreiche Fachdiskussionen auf der Basis der im Kapitel 1.2 definierten Aufgabenbeschreibungen und der Zielsetzungen der beiden Pflegearten wurde für die Sonderpädagogische Vollzeitpflege eine Fallbelastung von 1:15 und für die Sozialpädagogische Vollzeitpflege von 1:35 für angemessen und notwendig erachtet. Dies entspricht zwar nicht genau, aber doch in etwa den für die Honorierung der Erziehungsleistung in den drei Pflegeformen vorgeschlagenen Abständen. Für die Sonderpädagogische Pflege wurde zudem – schon der „Konkurrenzfähigkeit“ wegen – berücksichtigt, dass in Erziehungsstellen zumeist nur zehn bis zwölf Fälle je Fachberater/-in zu bearbeiten sind. Berücksichtigt für die Sozialpädagogische Vollzeitpflege wurden auch die Fallzahlen, die freien Trägern für die Betreuung von Kindern mit besonderem Bedarf zugestanden werden.[2]

Soweit die Betreuung der Bereitschaftspflegen im PKD angesiedelt ist, wird für diese Pfle­geform, analog zur Sonderpädagogischen Vollzeitpflege, eine Fallzahl von 1:15 vorgeschlagen. Diese Fallzahl ergibt sich aus den Problemen aufgrund der besonderen Herausnahmesituation und der häufig noch unklaren Entwicklung des Falles. In der Regel spielen die leiblichen Eltern in diesem Stadium eine wichtige Rolle, was zu einer besonderen Unterstützungsleistung für die Bereitschaftspflegeeltern führt.



[1]    Erzberger, Christian (2003): Strukturerhebung der Vollzeitpflege in Niedersachsen (www.giss-ev.de), Projektbericht Teilerhebung 1, Exploration: Pflegekinderhilfe in Deutschland, Deutsches Jugendinstitut (DJI) 2006

[2]    Bei der Bewertung dieses Vorschlages sollte weiterhin bedacht werden, dass die Allgemeine Vollzeitpflege immer noch die am weitesten verbreitete Pflegeform ist und wohl erst mittelfristig die an sich wünschenswerte Umschichtung zugunsten der Sozialpädagogischen und in eher seltenen Fällen der Sonderpädagogischen Vollzeitpflege vollzogen werden wird.


Tabelle 13:      Fallzahlen in den einzelnen Pflegearten

 

 

Pflegearten

Fallbelastung

Allgemeine Vollzeitpflege

1:50

Sozialpädagogische Vollzeitpflege

1:35

Sonderpädagogische Vollzeitpflege

1:15

Verwandtenpflege

1:35

Bereitschaftspflege

1:15

Vollzeitpflege für unbegleitete ausländische Kinder und Jugendliche

1:35

 



c)  Berechnung von Mitarbeiterkapazitäten über Module

Die in der Tabelle zusammengefassten Fallzahlempfehlungen verstehen sich als Basiszahlen für die Kernaufgaben von Pflegekinderdiensten. Zu den Kernaufgaben, in Tabelle 14 als Basis beschrieben, kommen weitere Aufgaben hinzu, die aber in einzelnen Jugendämtern unterschiedlich ausfallen bzw. auch auf unterschiedliche Personen oder Dienste verteilt sein können. Nachfolgend werden solche weiteren Aufgaben zu zwei Gruppen zusammengefasst. In der ersten Gruppe (Modul 1) befinden sich alle fallunspezifischen, aber in jedem Jugendamt „anfallenden“ Aufgaben, in der zweiten Gruppe (Modul 2) alle Tätigkeiten, die zwar einzelfallspezifisch sind, jedoch über die „normale“ Betreuung der Pflegefamilie hinausgehen und grundsätzlich auch von Dienststellen außerhalb des Pflegekinderdienstes, insbesondere auch vom ASD, geleistet werden könnten – und in der Regel aktuell auch werden. Da diese Arbeiten neben der Betreuung der Fälle – quasi quer zu ihnen – ausgeführt werden, müssen sie als Belastung unabhängig von den Regelaufgaben (Basis-Modul) bewertet werden. Dieser Vorschlag nimmt Bezug auf Ausführungen vorangegangener Kapitel.


Tabelle 14: Definition der Module

 

 

 

Kernarbeit im Pflegekinderdienst, z. B.:

¦ Erstkontakte zu Bewerberinnen und Bewerbern

¦ Eignungsprüfung

¦ Vermittlung des Kindes

¦ laufender Beratungsprozess

¦ Krisenintervention

¦ Therapieberatung/-vermitt­lung

¦ Beendigung des Pflegeverhältnisses

¦ Elternarbeit im Rahmen von Besuchskontakten

¦ Mitarbeit Hilfeplanung

¦ Dokumentation und Verwaltungstätigkeiten

¦ Zusammenarbeit mit Behörden, Einrichtungen und Gerichten

¦ Fallkonferenzen, Teambesprechungen

Fallunspezifische Arbeiten, die über das Basis-Modul hinausgehen, z. B.:

¦ Werbung

¦ Anfragebearbeitung

¦ Durchführung von Informationsabenden

¦ Schulung

¦ Gruppenarbeit mit Pflegefamilien

¦ Organisation und Beteiligung an Sonderveranstaltungen (Ferienmaßnahmen u. a.)

Arbeiten, die im Einzelfall über die Betreuung der Pflegefamilie und der Kinder/Jugendlichen im Sinne des Basis-Moduls und des Moduls 1 hinausgehen, z. B.:

¦ Evaluationsaufgaben

¦ Gruppenarbeit mit HF

¦ Gruppenarbeit mit PK

 

Genaue Beschreibung in den Kapiteln 6.1, 6.2, 6.3, 6.4, 7.1, 7.2, 7.3, 8.1, 8.2, 9.2.3

Genaue Beschreibung in den Kapiteln 2.2.1, 2.1.2, 9.1, 9.2

Genaue Beschreibung im Kapitel 7.3 bzw. 9.3.2

 

   

 



Genaue Beschreibung in den Kapiteln 6.1, 6.2, 6.3, 6.4, 7.1, 7.2, 7.3, 8.1, 8.2, 9.2.3

Genaue Beschreibung in den Kapiteln 2.2.1, 2.1.2, 9.1, 9.2

Genaue Beschreibung im Kapitel 7.3 bzw. 9.3.2

 

Auf die Tätigkeiten des Basis-Moduls beziehen sich die oben definierten Fallbelastungen. Werden zusätzlich zum Basis-Modul Tätigkeiten der anderen Module erbracht, so sind diese zu den Fallbelastungen in Abzug zu bringen bzw. bei Berechnung der benötigten Kapazität hinzuzurechnen. Obwohl es hierfür keinen objektiven Maßstab gibt (weswegen dann einzelne Jugendämter aufgrund von tatsächlich zugewiesenen Aufgaben auch zu anderen Ergebnissen kommen können), wird hier für beide Zusatzmodule jeweils ein Anrechnungsfaktor von 15 % vorgeschlagen:

-     zusätzliche Wahrnehmung der Aufgaben nach Modul 1: Anrechnung von 15 % der für Modul 1 berechneten Arbeitszeit,

-     zusätzliche Wahrnehmung von Aufgaben nach Modul 2: Anrechnung von 15 % der für Modul 1 und 2 berechneten Arbeitszeit.


Tabelle 15: Pflegearten und Anrechnung der Tätigkeiten in den Modulen

 

Pflegearten

Module

Basis-Modul

Modul 1

Modul 2

Allgemeine Vollzeitpflege

50

+ 15 %

+ 15 %

Sozialpädagogische Vollzeitpflege

35

+ 15 %

+ 15 %

Sonderpädagogische Vollzeitpflege

15

+ 15 %

+ 15 %

 

d) Berechnungsbeispiele für die Berechnung der Mitarbeiterkapazität:

Unabhängig davon, ob ein Jugendamt die hier gegebene Empfehlung über Fallzahlen übernimmt oder von ihr abweicht, und unabhängig davon, ob ein Jugendamt die in Modul 1 und 2 beschriebenen Aufgaben anders als hier gewichtet, bietet das in Tabelle 3 skizzierte Berechnungsmodell eine rationale und für jedermann nachvollziehbare Möglichkeit für die Fallzahlbemessung bzw. den Personalbedarf des jeweiligen Pflegekinderdienstes. Die nachfolgenden Kapazitätsbestimmungen sind als beispielhafte Berechnungen anzusehen.[7]

Beispiel 1:

In einem Jugendamt werden 70 Kinder in der Allgemeinen Vollzeitpflege, 20 Kinder in Sozialpädagogischer Vollzeitpflege und fünf Kinder in Sonderpädagogischer Vollzeitpflege betreut. In der Aufgabenbeschreibung für alle Pflegeformen sind die fallunspezifischen Arbeiten (Modul 1) ausgelagert oder einer Stabsstelle übertragen. Die Allgemeine und die Sozialpädagogische Vollzeitpflege umfassen nur die Aufgaben nach dem Basis-Modul, die Sonderpädagogische Vollzeitpflege umfasst daneben auch die Aufgaben nach Modul 2.

-  Basiszahlen der Fallbelastung:

›   Allgemeine Vollzeitpflege                      1:50

›   Sozialpädagogische Vollzeitpflege       1:35

›   Sonderpädagogische Vollzeitpflege     1:15

- Rechenbeispiel:

›   Allgemeine Vollzeitpflege                      70 Kinder

›   Sozialpädagogische Vollzeitpflege       20 Kinder

›   Sonderpädagogische Vollzeitpflege       5 Kinder, zusätzlich Aufgaben nach Modul 2

Tabelle 16: Berechnungsmodell für Beispiel 1

 

Tätigkeit

Basis-Modul

Modul 1

Modul 2

Bedarf

Allgemeine Vollzeitpflege

70:50 = 1,4

 

 

1,40 Stellen

Sozialpädagogische Vollzeitpflege

20:35 = 0,6

 

 

0,60 Stellen

Sonderpädagogische Vollzeitpflege

5:15 = 0,33

 

+ 15 % = 0,05

0,38 Stellen

 

 

 

 

2,38 Stellen

Koordination ausgelagerter Arbeiten

 

+ 15 %

 

0,35 Stellen

 

 

 

 

2,73 Stellen

 

Nach der modular gegründeten Berechnung würden für die Arbeiten im Pflegekinderdienst mit den insgesamt 95 Kindern/Jugendlichen 2,73 Stellen benötigt.

Beispiel 2:

Fallzahlen wie oben, die Fachkräfte übernehmen aber alle Aufgaben gemäß dem Basis-Modul und den Modulen 1 und 2.


Tabelle 17: Berechnungsmodell für Beispiel 2

 

Tätigkeit

Basis-Modul

Modul 1

Modul 2

Bedarf

Allgemeine Vollzeitpflege

70:50  = 1,4

+ 15 % = 0,21

+ 15 % = 0,21

1,82 Stellen

Sozialpädagogische Vollzeitpflege

20:35 = 0,6

+ 15 % = 0,09

+ 15 % = 0,09

0,78 Stellen

Sonderpädagogische Vollzeitpflege

5:15 = 0,33

+ 15 % = 0,05

+ 15 % = 0,05

0,43 Stellen

 

 

 

 

3,03 Stellen

 

e) Individuelle Anpassung von Fallzahldefinition und Mitarbeiterkapazitäten

Neben den hier vorgestellten Berechnungsmodi, die helfen sollen, die Mitarbeiterkapazitäten zu berechnen und die personelle Ausstattung des Pflegekinderdienstes auf rationale Grundlagen zu stellen, kann darüber hinaus nach dem gleichen Modell die Fallzuweisung an einzelne Mitarbeiter/-innen erfolgen. Hat ein Mitarbeiter / eine Mitarbeiterin viele sozialpädagogische Pflegestellen zu betreuen, so hat diese Fachkraft eine geringere Fallbelastung als eine Fachkraft, die nur Pflegestellen im Rahmen der Allgemeinen Vollzeitpflege betreut. Und eine Fachkraft, die neben regulären Aufgaben (Basis-Modul) auch fallübergreifende Aufgaben (Modul 1 und/oder Modul 2) übernimmt, könnte ebenfalls mit einer geringeren Fallzahl rechnen (mit dem zusätzlichen Effekt, dadurch Anreize für die Übernahme spezieller, der Qualifikation des Pflegekinderdienstes dienender Aufgaben zu schaffen). Da die Gegebenheiten und Arbeitszuschnitte für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Pflegekinderdiensten der niedersächsischen Jugendämter nicht einheitlich sind, ist es möglich, nach diesem System individuelle Module zuzuschneiden (z. B. Aufgaben nach dem Adoptionsvermittlungsgesetz oder im Bereich der Kindertagespflege) und diese mit entsprechenden Abzügen zum Basismodul zu versehen. Die Festlegungen sollten in jedem Fall konsensuell gemeinsam mit dem Pflegekinderdienst vereinbart werden, womit ein rationales Berechnungsmodell auch zur Konfliktminimierung einen Beitrag leisten kann.



[1]    Die Modellrechnungen beziehen sich auf den Runderlass „Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege – Festsetzung der monatlichen Pauschalbeträge (Pflegegeld)“ vom 29.03.1996, zuletzt geändert durch: Runderlass vom 24.11.2014.

[2]    Die Regelungen zur Altersvorsorge und Unfallversicherung lehnen sich an die Empfehlungen des Deutschen Vereins an (NDV Nachrichten 2007, S. 439 - 443).

[3]    BMF v. 21.04.2011 – IV C3 – S 2342/07/001: 26, BStBl 2011 I S. 487

[4]    Dieser Berechnungsmodus kann auch bei den Amtshilfen nach § 37 Abs. 2 zur Anwendung kommen (vgl. Kap. 2.2.1).

[5]    Erzberger, Christian (2003): Strukturerhebung der Vollzeitpflege in Niedersachsen (www.giss-ev.de), Projektbericht Teilerhebung 1, Exploration: Pflegekinderhilfe in Deutschland, Deutsches Jugendinstitut (DJI) 2006

[6]    Bei der Bewertung dieses Vorschlages sollte weiterhin bedacht werden, dass die Allgemeine Vollzeitpflege immer noch die am weitesten verbreitete Pflegeform ist und wohl erst mittelfristig die an sich wünschenswerte Umschichtung zugunsten der Sozialpädagogischen und in eher seltenen Fällen der Sonderpädagogischen Vollzeitpflege vollzogen werden wird.

[7]    Die Berechnungen beziehen sich auf die Arbeit der fallführenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Pflegekinderdienstes, Leitungsaufgaben sind hier nicht enthalten.

 

Kernarbeit im Pflegekinderdienst, z. B.:

¦ Erstkontakte zu Bewerberinnen und Bewerbern

¦ Eignungsprüfung

¦ Vermittlung des Kindes

¦ laufender Beratungsprozess

¦ Krisenintervention

¦ Therapieberatung/-vermitt­lung

¦ Beendigung des Pflegeverhältnisses

¦ Elternarbeit im Rahmen von Besuchskontakten

¦ Mitarbeit Hilfeplanung

¦ Dokumentation und Verwaltungstätigkeiten

¦ Zusammenarbeit mit Behörden, Einrichtungen und Gerichten

¦ Fallkonferenzen, Teambesprechungen

Fallunspezifische Arbeiten, die über das Basis-Modul hinausgehen, z. B.:

¦ Werbung

¦ Anfragebearbeitung

¦ Durchführung von Informationsabenden

¦ Schulung

¦ Gruppenarbeit mit Pflegefamilien

¦ Organisation und Beteiligung an Sonderveranstaltungen (Ferienmaßnahmen u. a.)

Arbeiten, die im Einzelfall über die Betreuung der Pflegefamilie und der Kinder/Jugendlichen im Sinne des Basis-Moduls und des Moduls 1 hinausgehen, z. B.:

¦ Evaluationsaufgaben

¦ Gruppenarbeit mit HF

¦ Gruppenarbeit mit PK

 

Genaue Beschreibung in den Kapiteln 6.1, 6.2, 6.3, 6.4, 7.1, 7.2, 7.3, 8.1, 8.2, 9.2.3

Genaue Beschreibung in den Kapiteln 2.2.1, 2.1.2, 9.1, 9.2

Genaue Beschreibung im Kapitel 7.3 bzw. 9.3.2

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