Autor: Georg Schäfer
Es wurden die derzeit wichtigsten Organisationstheorien und ihre Grundannahmen aufgezeigt. So scheint es zunächst erforderlich, sich bei der Beschäftigung mit der Organisation zwischen einer eher objektivistischen Sicht der Verwaltung als formal-rationale Organisation (Bürokratiemodell, MBO, Human Relations, situativer Ansatz etc.) oder einer subjektivistischen Sicht (Verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorien, evolutionäres Management etc.) zu entscheiden.
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Für Leitung gibt es verschiedene Möglichkeiten, bestimmte Haltungen einzufordern oder zu unterstützen:>
- Die gelebte Vielfalt tolerieren (Ambiguitätstoleranz: jeder denkt und handelt anders, Organisation als vielfältige Einheit), …eventuell bis eine spontane Reaktion erfolgt (evolutionäres Management, Hayek),
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- Grundprinzipien vorgeben (MBO) und
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- dialogisch ausgestalten (Human-Relations).
Viele Organisationen entscheiden diese Fragen nicht, sondern handeln aus dem pragmatischen Alltag flexibel. Dennoch: Auch wer nicht explizit an einer Grundhaltung seiner Organisation arbeitet, entscheidet täglich durch das Kommunizieren und Treffen von Entscheidungen (Luhmann)[1]. Das Thema der Haltung stellt sich unausweichlich („für mich/uns gilt…“).
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Habermas (1973) unterteilt die Geltungsansprüche in:
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- Geltungsansprüche auf Verständlichkeit. Hier geht es um das „verstanden werden“, die sprachlich vermittelte Interaktion zwischen Handelnden (Leitung – Mitarbeiter*innen, Mitarbeiter*innen – Bürger*innen, Klient*innen – Sozialarbeiter*innen).
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- Geltungsansprüche auf Wahrheit[2] beziehen sich auf Aussagen über Sachverhalte (z. B. sehen Mitarbeiter*innen, Leitung, Politiker und Bürger*innen die Dinge genauso oder jeweils unterschiedlich?)
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- Geltungsansprüche auf Wahrhaftigkeit beziehen sich darauf, dass auch tatsächlich das gemeint wird, was gesagt wird, dass nicht gelogen wird.
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- Geltungsansprüche auf Richtigkeit beziehen sich auf den normativen Rahmen, die Legitimität und die Berechtigung, etwas Bestimmtes zu tun (Rolle Leitung, Rolle Politik, Rolle Mitarbeiter*innen, Rolle Öffentlichkeit).
Organisationslernen
Nicht nur einzelne Mitarbeitende profitieren von neuem Wissen, sondern auch die Organisation als solche. Wie ist nun die Art des Lernens in Organisationen beschaffen? Argyris beschreibt diesen Prozess als Einschleifen-Lernen (single-loop-learning) und Zweischleifen-Lernen (double-loop-learning)[3]. Einschleifen-Lernen ist eher auf die technische Anwendbarkeit gerichtet und bezieht sich auf instrumentales Lernen, das Wertvorstellungen unverändert lässt (z. B. die Verbesserung des logischen Aufbaues eines Antragsverfahrens). Doppelschleifen-Lernen zielt auf eine Veränderung von Haltungen zum Gegenstand des beruflichen Handelns und führt zu einem Wertewechsel, der die handlungsleitenden Theorien, Strategien und Annahmen verändert. Hier geht es um ein qualitatives Ziel, das durch Selbstevaluation, Reflexion von Praxis und eine veränderte Haltung zum Gegenstand herzustellen ist.
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Organisationales Lernen muss in der gesamten Organisation implementiert sein und ist nicht alleinige Leitungsaufgabe („Chef denkt und lenkt“).
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[1] vgl. Luhmann, Niklas (2016): Der neue Chef.
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